Granada, die alte Kolonialstadt

Nach dem Frühstück in dem herrlichen Patio unseres Hotels überlegen wir, was wir hier alles anschauen können. Einen großen Teil der Stadt haben wir ja bereits gesehen. Wir fragen an der Rezeption, was uns empfohlen wird. Es gibt ein rechts günstiges Tagespaket. Darin ist eingeschlossen eine Stadtführung durch einen Fremdenführer nur für uns, sämtliche Eintritte in Museen, Kirchen (Turmbesteigung), ein Mittagessen mit drei Gängen, eine Kutschfahrt zum Erholungszentrum, eine Bootsfahrt zu den Isletas und mit dem Taxi wieder zurück. Das Ganze kann hier so günstig angeboten werden, da es in Nicaragua kaum halbwegs normal bezahlte Arbeitsplätze gibt. Ohne die ca. 2.000.000 Nicaraguaner, die in Costa Rica arbeiten und das Geld heimschicken, könnte das Land wahrscheinlich nicht existieren. Aber für viele Nicaraguaner kann man dennoch nicht von Existenz sprechen. Wir beschließen, das Angebot anzunehmen. Um elf holt uns unser Fremdenführer Rodolfo am Hotel ab. „Soy Rolf, es el mismo nombre“, sage ich, und wir lachen. Wir erfahren viel über diese alte Stadt und ihre bewegte Geschichte. Granada wurde bereits 1524 gegründet und hat viele kriegerische Auseinandersetzung erlebt. Trotz Krieg und verheerenden Bränden gibt es heute noch Bausubstanz aus dieser Zeit, wie z.B. das Kloster San Francisco, das noch aus Lehmziegeln erbaut ist. Wir beginnen unseren Stadtrundgang an der Kirche Xalteva, am Rande des Stadtkerns. Davor ist ein kleiner Park. Früher grenzte dieser Park an ein Indiosiedlung. Davon ist heute jedoch nichts mehr zu sehen. Wir gehen weiter zur Kirche La Merced, direkt gegenüber unseres Hotels. Wir gehen die engen (40 cm breiten) Stufen zum Glockenturm hinauf. Von hier aus hat man einen einmaligen Ausblick über die ganze Stadt, sehen den nahegelegenen See, der mit seinen mehr als 8.000 km² unter den zehn größten Seen der Erde ist. Ganz in der Nähe ist der Vulkan Mombacho, der zuletzt 1570 ausgebrochen ist. Es ist angenehm hier oben. Durch den leichten Luftzug spürt man die Hitze nicht so sehr. Drunten in der Stadt laufen die Leute schon mit Schirmen herum, um sich gegen die Sonne zu schützen.Wir besichtigen einen der Märkte, die es hier in der Stadt gibt. Ich habe mich schon auf einiges hier eingestellt. Schon die Markthalle in San José kann man von der Sauberkeit her nicht mit der Markthalle in Stuttgart vergleichen, aber das hier … Die Markthalle wurde seit mindestens 100 Jahren nicht mehr renoviert. Die rohen Holztische, auf denen Fleisch, Innereien, Fisch und Geflügel (ungekühlt natürlich)  zum Verkauf angeboten werden, stammen auch noch aus dieser Zeit. Der Gestank ist kaum auszuhalten. Dennoch ist hier ein riesiges Gedränge in dem schlecht beleuchteten Gebäude. Die Verkäufer sind ständig damit beschäftigt, die Fliegen und anderes Getier zu verjagen. Wird das hier tatsächlich gegessen? Bei uns würde das Gesundheitsamt den Laden innerhalb einer Stunde dichtmachen. Draußen sind ebenfalls Verkaufsstände. Billige Klamotten, Handyladegeräte, Fernbedienungen. Alles Billigware aus China.Weiter geht es zum Rathaus, zum Platz der Unabhängigkeit, vorbei an der Kathedrale, am Bischofssitz, am Fernmeldeamt. Um ein Uhr setzt uns Rodolfo an einem spanischen Restaurant ab. Es ist wie die meisten Gebäude hier ein Atriumhaus. Unter dem schattigen Dach mit Blick auf den reich mit Bäumen bewachsene Innenhof und dem Geplätscher des Brunnens nehmen wir unser dreigängiges Mittagessen ein. Eine Stunde später ist Rodolfo wieder da. Es geht weiter zum Kloster San Francisco, das sogar noch ein paar Jahre vor der Stadtgründung hier errichtet wurde. Im Innern ist teilweise der Putz freigelegt, damit man die Konstruktion aus Lehmziegeln erkennen kann. Hinter dem Kloster befindet sich ein Museum für indigene Kultur mit Steinstatuen von Menschen, die ein Tier (ein Krokodil?) auf dem Rücken tragen.Vor dem Museum wartet unser 1 PS Taxi. Mit Hufgeklapper geht es durch die engen Straßen zum Seeufer. Wir fahren ins Touristenzentrum. Das Touristenzentrum ist in erster Linie für die Einheimischen hier. Sie kommen aus allen Teilen des Landes, um hier im See zu baden und bei den abendlichen Partys ein bisschen Spass zu haben. Alles hier ist sehr einfach gehalten. Auch liegt viel Müll herum. Aber es gibt viele Kinderspielplätze. Am Strand sind viele Chilamatebäume, die mit ihren breit ausladenden Kronen Schatten spenden. Wir fahren weiter zu den Bootsplätzen. Auch das Boot ist nur für uns exclusiv. Wir fahren durch die enge Bucht zwischen kleinen Inseln hinaus. Teilweise ist das Wasser dicht mit Seelilien bewachsen. Wir sehen Frauen, die ihre Wäsche im See waschen. Dann fahren wir dicht an kleinen Inseln vorbei, auf denen luxuriöse Häuser stehen. Also auch in solch bitterarmen Ländern wie Nicaragua gibt es eine Oberschicht. Eine der Inseln gehört einem gewissen Carlos Pellas, der große Teile der Wirtschaft Nicaraguas kontrolliert. Wir halten unter einem überhängenden Baum. Ein Affe springt sofort auf unser Boot und lässt sich mit Tomaten füttern. Nach seiner Mahlzeit schicken wir ihn wieder zurück. Wir sehen einen Baum mit hängenden Nestern. Es sind die Nester des Oropéndola (Psarocolius). Gegen fünf Uhr fahren wir zurück, nicht ohne das Denkmal des Stadtgründers, eines Francisco Hernández de Córdoba in der Abendsonne zu fotografieren.

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