Zweiter Tag in San José und matrimonio civil

Yader musste heute früh noch vor dem Frühstück das Hotel verlassen, um (überfällige?) Berichte abzugeben sowie für Samstag die genaue Anzahl der Essen mitzuteilen. Ich ging mit Biggi und Feli in die Stadt um noch einige Besorgungen zu machen. Zuerst waren Feli und ich beim Friseur. Ein kleines schäbiges Friseurgeschäft mit vergitterten Fenstern. Das ist hier nichts Ungewöhnliches. In Costa Rica sind fast alle Fenster im Erdgeschoss vergittert. Ich schaue mir an, was hier alles so ungeordnet herumsteht. An der Wand hängt ein total kitschiges Bild mit Wein und Früchten, daneben steht in großer Schrift der 23. Psalm. Die Leute hier sind sehr gläubig und lassen das auch jeden wissen. Ich lasse meine Haare etwas kürzer schneiden. Mit der Schere, ohne Waschen. Ich bin sehr zufrieden. Doch dann wird ein Handfeger mit weißem Pulver bestäubt und ich bekomme das Zeug an den Haaransatz und in den Nacken. Was das wohl ist. Ich getraue mich nicht zu fragen. Vielleicht irgendeine Prophylaxe gegen Kopfläuse oder anderes Getier, was sich in diesem Breiten so findet. Aber in einem solchen Fall ist es am besten, man tut so, als ob das alles normal ist. Für die Leute hier ist es ja auch normal. Feli lässt sich ihre Haare ebenfalls schneiden. Zum Waschen geht sie in einen Nebenraum. Ich schau lieber nicht, wie es dort aussieht. Wir gehen noch ins Zentrum. Biggi muss Geld abheben. Neben dem Geldautomatenkiosk der Banco Nacional, direkt neben der Zentralbank, setzten wir uns in ein Cafe, in dem es sogar Cappuccino gibt. Als wir gerade zahlen wollen, sehe ich draußen Patti und Yader. Wir holen sie herein und besprechen, wann wir uns treffen, bevor wir heute nachmittag zum matrimonio civil gehen.
Wir kaufen noch Blumen, ein Sträußchen für Patti und einen Strauß für Dionísia, die Gastgeberin. Um 15 Uhr ist der Termin für die zivilrechtliche Trauung, die im Haus von Dionísia stattfindet. Yaders Mutter Doña Elba und seine Schwester Ana arbeiten schon seit einigen Jahren bei Dionísia. Dionísias Mann Hermán ist Abogado (Rechtsanwalt und Notar), aber die Trauung wird ein Kollege von ihm durchführen. Wir bestellen also zwei Taxis, die uns ins Barrio Hatillo 6 bringen. Das erste Taxi fährt wie der Henker, sodass der Kollege in zweiten Taxi kaum hinterherkommt. Die Gegend hier ist weniger einladend. Die Häuser sind klein und meist werden die Baulücken als Müllhalde benutzt. Aber abseits der Straße sieht es schon gemütlicher aus. Zwischen zwei Häuserreihen wachsen Palmen. Es ist sauber und gepflegt. Wir werden schon erwartet. Dionísia begrüßt uns. Doña Elba, Ana und Ashley (die zweijährige Tochter von Ana) sowie der Notar sind schon da. Fehlt nur noch der zweite Trauzeuge. Justo, ein Kollege von Yader, ist noch auf dem Weg hierher. Offensichtlich hat er Probleme, das Haus zu finden. Demnach ist es auch für Ticos nicht so einfach, in einem Land in dem es keine Hausnummern und außer im Stadtzentrum der Hauptstadt auch keine Straßennamen gibt, eine Adresse zu finden. Man verständigt sich per Handy und macht einen Treffpunkt irgendwo an der Hauptstraße aus. Der Notar liest den Text vor, fragt uns, ob er die Namen richtig ausgesprochen hat und lässt sich auch gerne korrigieren. Dann unterschreibt der Notar, das Brautpaar und die Trauzeugen. Dann wird geklatscht. Die Hausherrin reicht Blätterteiggebäck und eisgekühltes Guanábana, ein hier beliebtes Saftgetränk aus einer Tropenfrucht. Wir reden über Lateinamerika, was die Gringos essen, was wir essen, was die Latinos essen. Gegen später kommt noch Hermán zu uns, Dionísias Mann. Er hat ein mit Asche gezeichnetes Kreuz auf der Stirn, denn heute ist Aschermittwoch. Später sehe ich noch viele Leute, die ebenfalls so ein Kreuz auf der Stirn haben. Dionísias Mann ist sehr gesprächig. Ich setze mich zu ihm an den Couchtisch. Leider hat er eine sehr undeutliche Aussprache, so dass ich seinen Worten kaum folgen kann. Wir reden über Politik, über die neu gewählte Präsidentin (die er offensichtlich auch gewählt hat), wann sie vereidigt wird, über die ehemals zwei Deutschland, über die Stasi, über die Handelsbeziehungen zu China (China ist Abnehmer von Chayote, einem tropischen Gemüse, das gut ins Chop Suey passt), Taiwan, Korea, über den Drogenhandel und wie Zentralamerika darunter leidet. Aber irgendwann müssen wir uns verabschieden und fahren mit dem Taxi zurück ins Hotel. Wir haben uns auf halb acht mit Doña Elba und Ana in einem Restaurant in der Stadt verabredet. Wir gehen dorthin zu Fuß. Es ist -wie unser Hotel- ebenfalls in der Avenida Segunda, aber an der Ecke zu Calle 10, schräg gegenüber von der neugotischen Kirche La Merced. Das ist über einen Kilometer. Es ist ein großes Lokal, aber sehr einfach gehalten. Die Wand Richtung Calle 10 sind nur dünne Holzbretter, zur Avenida hin ist es offen. Wir essen hier Casado. Das ist ein Tellergericht mit Fleisch, Reis, Bohnen, Salat, Gemüse und gebratenen Bananen. Ich bestelle ein Bier. Auch das scheint hier ganz unüblich zu sein. Der freundliche Kellner stutzt zuerst. Aber dann sagt er, auch wenn hier normalerweise kein Bier ausgeschenkt wird, wird er mit selbstverständlich ein Bier besorgen, dauert nur ein paar Minuten länger als die anderen Getränke. Wir unterhalten uns gut. Es ist ein netter Abschluss dieses schönen Tages.

Ein Gedanke zu „Zweiter Tag in San José und matrimonio civil

  1. Brigitte B.

    Hallo, ich finde es total klasse, dass ich mit diesem Blog an eurer Reise teilhaben kann und freue mich jeden Tag auf einen neuen Bericht. Patti und Yader herzlichen Glückwunsch zur standesamtlichen Trauung, ich habe den Eindruck, Patti geht es jetzt um Dimensionen besser, so wie sie auf dem Foto strahlt. Viele Grüße an Biggi und Feli 🙂
    Brigitte
    p.s. hier taut es

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