Im Strandrestaurant in La Herradura

Wir fahren weiter auf der N340a, die sich an der Steilküste entlangzieht und bei jedem Tal, das sich der Küste hin öffnet, in einem großen Bogen diesem folgt. Hier gibt es wunderschöne Badebuchten, die kaum besucht sind. Von oben hat man einen herrlichen Ausblick und beneidet die Badegäste, die hier den belebten Stränden von Nerja entflohen sind.

Schaut man in die andere Richtung, so sieht man die Autobahn, die neue N340 oder auch A-7, die in vielen gewaltigen Betonbrücken und fast so vielen Tunneln Richtung Almería führt. Wir aber bleiben hier auf der alten Straße, genießen die Aussicht aufs Meer und beschließen, in La Herradura eine kleine Mittagspause zu machen. Wir steuern gleich das Fischrestaurant La Sardina an. Das Restaurant ist direkt am Strand. Der Außenbereich ist auf dem Sandstrand. Ein großes Schilfdach bietet reichlich Schatten und vermittelt eine „Sommerurlaubs-Strandatmosphäre“. Der Fisch ist sehr lecker. Dorade a la Plancha, mit Knoblauch, Salat und Pommes Frites.

Geschichtliches über Frigiliana

Wandfliesen erzählen die Geschichte von Frigiliana

An einigen der weiß gekalkten Häuserwände hat man bemalte Wandfliesen angebracht. Auf diesen Wandfliesen wird uns die Geschichte Frigilianas erzählt. Die Texte stammen aus alten Schriften, die durch teilweise sehr drastische Bilder ergänzt sind. Ich habe diese Texte hier abgeschrieben, wobei ich die antiquierte Orthografie beibehalten habe.

Luis del Mármol Carvajal (1520 – 1600) war Abenteurer, Soldat, Kriegsgefangener, Steuereintreiber und ein großer Geschichtsschreiber seiner Zeit. Durch seinen langen Aufenthalt in Nordafrika wurde er zu einem großen Bewunderer der arabischen Kultur. Die hier zitierten Sätze stammen aus seinem letzten Werk Historia del rebelión y castigo de los Moriscos del reyno de Granada.

Über die sierra de Bentomíz schreibt er:
La sierra de Bentomíz cae en los términos de la ciudad de Vélez. Toda esta tierra es fértil, poblada de muchas arboledas, abundante de aguas frías y saludables que baxan entre las peñas. Alcanza un cielo tan claro, que haciéndola amenísima, cría los hombres ligeros, recios y de tan grande ánimo, que antiguamente los Reyes Moros los tenían por los más valientes, más sueltos y de mayor efeto que había en el reyno de Granada. Tenía veinte y dos lugares poblados de gente rica, entre ellos, Frigiliana.

Auf einem weiteren Wandfliesenbild schreibt Carvajal:
Y pareciéndoles que estarian mejor todos juntos el Peñón de Fregiliana, que era muy fuerte, y cerca de la mar, enviaron a decir a los del fuerte de Sedella, que se viniesen a juntar con ellos; nombraron por su caudillo y capitán general a Hernando el Darra, que tenía entre ellos opinión de muy noble, porque sus pasados en tiempo de Moros eran alcaydes y alguaciles de Fregiliana.

Über die tapfer kämpfenden Frauen und Mütter der Mauren:
Hubo algunas Moras que pelearon como esforzados varones, ayudando a sus maridos, hermanos y hijos: y quando vieron el fuerte perdido, se despeñaron por las peñas más agrias, quiriendo más morir hechas pedazos, que venir en poder de Christianos. A otras no les faltó ánimos para ponerse en cobro con sus hijos en los hombros, saltando como cabras de peña en peña.

Ginés Pérez de Hita (1544 – 1619), bedeutender Romanschriftsteller im Siglo de Oro (goldenes Jahrhundert). Ginés Pérez de Hita hat 1569 aktiv an der Niederschlagung des Moriskenaufstands von Las Alpujarras teilgenommen. In seinem Werk Historia de los bandos de los Zegríes y Abencerrajes, auch bekannt unter dem Titel Guerras civiles de Granada, schreibt er -außer über den im Buchtitel erwähnten Kampf zwischen rivalisierenden maurischen Adelsgeschlechtern- auch über Details in den Kämpfen zwischen Christen und Mauren.

Las Christianas vanderas comenzaron a subir a toda priessa por la cuesta arriba, mas los Moros comenzaron a defender la subida, arrojando muchas piedras con una endiablada invención, y fue que tenían muchas ruedas de molino apercibidas, y por los ojos atravessados unos maderos muy targos, y estas arrojaban en derecho de las Escuadras de los Christianos que subían por la cuesta, y no avía rueda destas, que no se llevasse de camino cincuenta Soldados, si delante los hallaba.

Carlos Ibáñez e Ibáñez de Ibero (1825-1891), marqués de Mulhacén, schreibt über die erfolgreichen militärischen Operationen des Luis de Requesens y Zúñiga (1528 – 1576), Álvaro de Bazán y Guzmán (1526 – 1588), Capitán General del Mar, Marqués de Santa Cruz und Almirante General sowie des Sancho de Leiva y Hurtado de Mendoza (1555 – 1601).

En la empresa tomaron parte fuerzas de mar a las órdenes de don Luis de Requesens, de don Álvaro de Bazán y de don Sancho de Leiva. Esa Armada contribuyó eficazmente al buen éxito de la expedición, cooperando a operaciones tan brillantes como la del Peñón de Fregiliana, posición tenida por inexpugnable, y los acometió Requesens al frente de 6000 hombres, entre los cuales se contaban 800 marinos.

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Die Höhle von Nerja

Auf der Küstenstraße N340a fahren wir zur Höhle von Nerja. Wir haben Glück, dass es heute Montag ist und deshalb relativ wenig Besucher zur Höhle strömen. Wir stellen das Auto auf dem unteren Parkplatz ab und holen uns unsere Tickets. In der Höhle es es ziemlich feucht, und da es auch kaum kühler ist als draußen, ist es sehr schwül. Die Höhle ist schwach ausgeleuchtet. Im ersten größeren Raum sind fest installierte Stuhlreihen und eine kleine Bühne. Hier finden ab und zu Konzerte statt. Wir gehen weiter. Im hinteren Teil der Höhle gibt es riesige Stalagtiten, gewaltige Säulen, die die 20 m hohe Kuppel des Höhlengewölbes zu stützen scheinen. Die feuchte Luft strengt an und wir schauen, dass wir wieder ans Tageslicht kommen.

Der Balkon von Europa

Der Balkon von Europa ist ein Felsvorsprung am Meer, zwischen den Stränden Calahonda und Playa del Salón. Früher stand hier eine Befestigungsanlage, das Castillo Bajo de Nerja, erbaut zu Beginn des 16. Jahrhunderts. Diese Befestigungsanlage wurde im 18. Jahrhundert umgebaut, um dort eine Batterie an Kanonen zu installieren. Während des Unabhängigkeitskrieges (1807 bis 1814) wurde die Anlage durch die britische Flotte zerstört. König Alfons XII. besuchte Nerja am 20. Januar 1885, um die durch das Erdbeben im Dezember des Vorjahres verursachten Schäden zu besichtigen. Alfons XII. war tief beeindruckt von der Schönheit dieses Felsens und rief aus, er habe den Balkon von Europa gefunden. Um an das Ereignis der Namensgebung zu erinnern wurde hier eine Statue von Alfons XII. errichtet.

Ein klarer Morgen

Es ist ein schöner Morgen im stillen Tal von Frigiliana. In der Nacht hat es etwas abgekühlt. Die Luft ist kristallklar. Die hohen Berggipfel der Sierra Almijara scheinen noch näher da zu sein als sie es gestern schon waren. Auch das Küstenstädtchen Nerja und das Meer scheinen heute nur einen Katzensprung weit weg. Der in den Reiseprospekten immer wieder angepriesene Meerblick ist jetzt da. Heute sind wir in den Bergen und gleichzeitig auch an der Küste. Nur die Stille hier ist geblieben, und das obwohl wir heute geschäftigen Montag haben.

Nach dem Auschecken geht es wieder nach Nerja. Biggi will noch einmal im Meer schwimmen, bevor wir nach Granada weiterfahren. Wir finden wieder ein Schattenplätzchen an einem der beiden Felsen am linken Ende des Strands. Das Meer ist heute etwas unruhiger als gestern. Anschließend gehen wir noch ins La Biznaga, einem Straßencafé mit Tapasbar direkt vor der Kirche.

Im Restaurante El Mirador

Ich esse Filetstücke vom iberischen Schwein (Freilandhaltung), in einer Soße von Pedro Ximénez, dazu Safranreis mit Rosinen. Wir speisen vorzüglich, auch der Wein ist erstklassig, und wir genießen den Ausblick über das Tal und auf die unter uns liegende weiße Stadt Frigiliana.

Als es schon dunkel wird, gehen wir die steile Wendeltreppe hinunter. Der große Jasminstrauch vor dem Lokal hüllt uns in einen intensiven Duft. Ich denke an die maurische Kultur, in der die Düfte eine große Rolle spielen. So heißt ein maurisches Sprichwort:

Wenn Du zwei Dinar hast, kaufe Dir von einem ein Brot. Von dem anderen aber kaufe Dir eine Hyazinthe.

Wir haben weit mehr als einen Dinar für unser Essen ausgegeben. Für den Jasminduft haben wir nichts bezahlt. Der Safranreis war zwar nach einem maurischen Rezept. Aber Schweinefleisch kam bei den Mauren nicht auf den Tisch.

Im stillen Tal von Frigiliana

Wir frühstücken im Hotel. Es herrscht Hochbetrieb. An beiden Kaffeeautomaten muss man anstehen. Das Personal ist sehr fleißig und kommt dennoch kaum nach, alles wieder aufzufüllen, was gerade ausgegangen ist. Wir fahren wieder zurück zum Flughafen, um dort unseren Mietwagen zu übernehmen. Nicht an jedem der 10 Schalter ist viel los. Nur bei Europcar und bei Avis ist eine Schlange von ca. 30 Kunden. Am letzten Schalter -Goldcar- stehen über 100 Leute an. Wo haben wir gebucht? Ein Blick auf den Voucher – natürlich bei Goldcar. Nach weit über einer Stunde Wartezeit haben wir Vertrag und Autoschlüssel.

Wir fahren die N340 in Richtung Almería. Die Straße ist sehr gut ausgebaut, stellenweise sogar 6-spurig. Ab und zu kommt ein Tunnel. Wir bekommen so langsam einen Eindruck von dieser Küstenlandschaft: sehr gebirgig, die Vegetation sehr trocken. Wir sehen neue, offensichtlich leerstehende Wohnanlagen – eine Folge der geplatzten Immobilienblase. Sobald ein Ort in der Nähe ist, sieht man die großen Supermärkte direkt an der Autobahn. Wer will hier wohl Urlaub machen? Aber von der großen Ferienzentren sind wir noch weit weg.

Das ändert sich, als wir an der Anschlussstelle Nerja-Frigiliana die Autobahn verlassen. Nerja ist total überlaufen. Wir quälen uns mit dem Auto durch die engen Straßen auf der Suche nach einem Parkplatz. Überall sieht man Touristen, auf den Straßen, in den Cafés, und alle Parkplätze an der Straße sind belegt. Wir fahren wieder zurück zum Ortseingang und steuern den großen Parkplatz an. Aber eigentlich haben wir Hunger und wollen etwas essen. Dort drüben ist das Restaurant El Puente, das uns schon bei der Herfahrt aufgefallen ist – und einen eigenen Gästeparkplatz hat. Wir fahren also wieder über die alte, mit Straßenlaternen aus dem 19. Jahrhundert verzierte Brücke über den Río Seco, der seinem Namen alle Ehre macht und kehren ein. Wir essen Omelette und frischen Salat.

Gestärkt machen wir uns auf den Weg zu unserem Hotel Los Caracoles. Die Straße führt in die Berge. Anfangs noch mit wenig Kurven, aber bereits ansteigend, wird die Straße immer kurviger. Die Landschaft erinnert uns an die Kanaren – La Palma oder Teneriffa: schneeweiße Häuser an steilen Bergrücken, erreichbar über schmale und kurvenreiche Straßen, dazwischen Hänge mit Olivenbäumen. Am Straßenrand blüht gelb der Ginster und über die weißen Gartenmauern, die die Ferienhäuser der Begüterten umgeben, hängen karminrot blühend die Äste und Zweige von Bougainvilla.

Am Kreisverkehr vor dem Städtchen Frigiliana fahre ich auf Anweisung von Biggi in den Ort hinein. Frigiliana hat noch den Grundriss und das Flair aus maurischer Zeit, wenn auch die Häuser zwischenzeitlich erneuert wurden. Wir kommen wieder auf die Durchgangsstraße in Richtung Torrox. Wieder wird die Straße steiler. Nach ca. 5 km hört die Asphaltierung auf. Nach einem weiteren Kilometer erreichen wir die Abzweigung zur Hotelanlage. Die steile Auffahrt verlangt mir einiges ab. Ersten Gang einlegen, ordentlich Gas geben und auf keinen Fall mehr auskuppeln.

Los Caracoles ist eine Hotelanlage mit außergewöhnlicher Architektur. Es gibt Bungalows, die an Iglus erinnern, mit runden Fenstern und kuppelförmiger Gestalt. Auch das Hauptgebäude, in dem die Rezeption und das Restaurant untergebracht sind, ist in diesem Stil gebaut. Ich inspiziere das Bücherregal und finde kaum Unterhaltungsliteratur (außer natürlich die Abenteuer des Capitán Alatriste, die dürfen nicht fehlen) sondern zu meinem Erstaunen überwiegend Weltliteratur, selbst Thomas Mann und Hermann Hesse sind dort in spanischsprachiger Ausgabe zu finden.

CIMG2546Unser Appartment ist ein Reihenappartment mit einem Sitzplatz, von dem sich aus das Tal überblicken lässt. Aber wir gehen hinauf zur großen Sitzterrasse vor dem Restaurant. Der Ausblick von hier ist gigantisch. Auf der gegenüberliegenden Seite des Tales hängt das schneeweiße Städtchen Frigiliana am Berghang. Ansonsten sieht man viele vereinzelte Häuser, erreichbar über schmale Straßen. Die Olivenplantagen sehen von der Ferne aus wie grüne Grasbüschel auf einem vertrockneten Rasen. Im Hintergrund tronen die Gipfel der bis zu 2000 m hohen Sierra Almijara mit ihren steilen und zerfurchten Abhängen. Rechts im Dunst kann man die Küste erahnen. Es ist absolut mucksmäuschenstill. Es ist Samstagnachmittag, die Leute halten ihre Mittagsruhe. Kein Mensch geht hier um diese Zeit auf die Straße. Das hier ist die perfekte Ruhe. Wenn man nicht irgendein Insekt surren hören würde, könnte man meinen, man hätte sein Gehör verloren. Es ist Entspannung pur. Hier ist der Ort für den perfekten Erholungsurlaub.

 

Wir fliegen nach Málaga

Heute ist Abreisetag. Die Koffer sind gepackt und gewogen. Die 23 kg Freigepäck pro Person werden wir nicht ausschöpfen. Schnell noch den Gehsteig fegen (oder wie wir sagen: das Trottoir). Angelika bringt uns zum Bahnhof. Mit der S-Bahn geht es dann zum Flughafen. Kofferabgabe am Schalter, denn wir haben schon online eingecheckt, bei Leysieffer noch einen Cappuccino geschlürft und dann durch die Kontrolle. Ein Vorfeldbus bringt uns zu einem A320 der Air Berlin.

Der Flug verläuft ruhig. Es ist bestes Wetter und klare Sicht. Ich habe einen Fensterplatz und kann vieles von dort oben erkennen. Neben Biggi sitzt ein pensionierter Lehrer, der sehr gesprächig ist und uns beide in eine sehr interessante und lebhafte Unterhaltung verwickelt. Mittlerweile fliegen wir über Marseille. Deutlich kann man den Flughafen erkennen, dessen Rollfeld bis weit in die Meeresbucht verlängert wurde.

Nach knapp 40 Minuten Flug über dem Mittelmeer kann ich wieder die Küste erkennen. Es dauert noch etwas, bis das Flugzeug in den Sinkflug geht. Die Berge der Sierra Nevada sind karg und felsig, teilweise sehr steil mit schroff abfallenden Hängen. Der Landeanflug geht über die Ausläufer dieses Gebirges. Man sieht eine Felslandschaft mit steilen Felsnadeln und spitzen Graten. Es sind Felsformationen die fast unwirklich wirken und aussehen als hätte sich jemand beim Sandburgenbauen verkünstelt. Jetzt kann man ein großes System an türkisblauen Stauseen sehen und Berge, die auf ihrem Gipfel ein großes künstliches Wasserbecken haben. Hier wird der Guadalhorce angestaut, der für Málaga das Trinkwasser liefert.

Wir nehmen ein Taxi zum Holiday Inn Express. Das Zimmer ist sauber. Wir essen noch im Hotel, da es hier weit und breit kein anderes Restaurant gibt. Das Tagesmenü ist preiswert aber dennoch gut. Makkaroni mit frischen Pilzen oder gemischter Salat, als zweiter Gang Seehecht in Kräutersoße mit Erbsen und Schinkenspeck. Wir sind sehr müde und gehen früh zu Bett.

Und wieder geht’s nach Costa Rica

Es ist soweit. Ich sitze im Zug zum Frankfurter Flughafen, um noch heute kurz vor Mitternacht Richtung Costa Rica zu fliegen. Das Reisen im ICE ist sehr angenehm. Es sind kaum Fahrgäste im Wagen. Ich sitze an einem Tisch im Großraumwagen mit Blick in Fahrtrichtung. Diesen Sitzplatz habe ich mir bereits beim Ticketkauf reservieren lassen. Die Strecke nach Mannheim ist für höhere Geschwindigkeiten ausgelegt. Die Landschaft draußen zieht dementsprechend schnell vorbei.

Das Einchecken am Schalter in Frankfurt geht zügig. Ich muss meine Buchungsbestätigung vorlegen, um nachzuweisen, dass ich auch einen Rückflug gebucht habe. Dies gehört zu den Einreisebestimmungen.

Im Flugzeug sitze ich am Fenster. Neben mir sitzt ein Rentner aus Hamburg, der Costa Rica auf eigene Faust erkunden will. Ganz ohne Spanischkenntnisse und geringen Englischkenntnissen will er die interessantesten Plätze von Costa Rica besuchen. Er erzählt mir von der total abgelegenen Rara Avis Lodge, die nur nach dreistündiger Traktorfahrt von Las Horquetas aus zu erreichen ist. Außerdem erfahre ich, was die Plástico Lodge früher einmal war: ein Strafgefangenenlager. Die Sträflinge hatten dort nicht einmal Unterkünfte. Sie mussten direkt auf dem Boden schlafen und hatten lediglich einen Plastiksack, um sich vor dem Regen zu schützen. Plástico Lodge war also ein ironischer Name für einen Ort, an den niemand freiwillig hinging.

Die Zwischenlandung in Santo Domingo wird von einem Gewitter begleitet, das Gott sei Dank weit genug weg ist und somit keine Gefahr für eine sichere Landung darstellt. Aber es ist sehr beeindruckend wie die Blitze aus dem Nachthimmel auf das darunterliegende Land heruntersausen. Nach fast zwei Stunden Aufenthalt im Flughafen dämmert es bereits, als die Maschine Richtung Costa Rica abhebt.

Straßenzug in San José

Der Anflug auf Costa Rica ist sehr eindrucksvoll. Man sieht die Karibikküste mit dem weißen Brandungsstreifen, die bewaldeten Bergrücken mit den vielen Dörfern. Dann wird die Gegend wieder flacher und bald befinden wir uns über der Pazifikküste. So ein winziges Land! Ich sehe zwei braune Flüsschen, die in den Pazifik münden. Die Betonbrücke am Unterlauf: das muss die Brücke über den Río Tárcoles sein, unter der immer Krokodile liegen, die man natürlich jetzt aus dieser Höhe nicht erkennen kann. Ich sehe die neue Autobahn, die nach Caldera führt und die schon wenige Monate nach Eröffnung gesperrt werden musste, da (wie auf der Straße durch den Braulio Carrillo) immer wieder Erdrutsche die Straße unpassierbar machten. Jetzt sieht man schon die Außenbezirke der Stadt, flache Hütten mit Wellblechdächern. Das sind jedoch keine Slums. Es ist hier eine gängige Bauweise. Erst wenn auch die Wände aus Wellblech sind, keine Straßen durch das Viertel führen und das Ganze zudem noch illegal auf einem für Investoren uninteressanten Stück Land errichtet wurde, dann spricht man von einem precario.

Die Passkontrolle in dem neu errichteten Teil des Flughafens ist bei Weitem nicht mehr so chaotisch, wie ich es bisher gewohnt war. Ich nehme ein Taxi zum Busbahnhof Caribe. Dort muss ich allerdings noch über drei Stunden warten, bis ein Bus nach Sarapiquí fährt. Zur Zeit ist die Strecke vormittags gesperrt, damit die Ingenieure Vermessungsarbeiten durchführen können, um künftige Erdrutsche besser vorhersagen zu können. Endlich bin ich im Bus. Obwohl ich mich sehr zeitig in der Warteschlange angestellt habe, bekomme ich keinen Sitzplatz mehr. Aber wahrscheinlich haben viele nicht einmal mehr ein Ticket bekommen. Zumindest nicht für diesen Bus, die erste Fahrt dieses Tages.

Es ist sehr viel Verkehr. Dann stoppt es ganz. Wir sind noch nicht mal an der Mautstation, sondern immer noch in der Ebene, in der Nähe des Restaurants Las Orquídeas. Dann hört man Schreie im vorderen Teil des Buses. Ein Fahrgast schreit seinen Sitznachbarn an. Ich höre Schimpfworte. Dann schlägt er auf den anderen ein. Immer wieder. Ein Raunen geht durch den Bus. Die Leute stehen auf. Ein muskulöser junger Mann aus der hintersten Reihe geht nach vorn, trennt die beiden und geht mit ihnen nach außen. Als die Fahrt nach einer halben Stunde weiter geht, sitzt der Schläger auf dem Boden neben dem Fahrer während der Geschlagene seinen Sitzplatz einnimmt. Die Leute um mich herum erklären mir, dass so etwas unüblich für Costa Rica ist. Sie wollen nicht, dass Fremde einen schlechten Eindruck von ihrem Land bekommen. So komme ich in ein Gespräch, das die Fahrt kurzweiliger macht. Nach einer halben Stunde wieder Stau. Irgendwann fährt ein Krankenwagen vorbei. Dann noch einer. Ein Unfall also. Das war doch alles schon mal da. Nach einer weiteren halben Stunde fahren wir am Unfallfahrzeug vorbei. Ein großer Sattelzug liegt auf der Seite. Die Windschutzscheibe ist kaputt. Nach kurzem Aufenthalt an der Raststätte am Straßendreieck, wo die Straße Nr. 4 nach Ciudad Quesada (und natürlich nach Sarapiquí) abgeht, erreiche ich Puerto Viejo.

Durch das trockene Guanacaste zurück in den Regenwald

Musmanni in LiberiaNachdem uns unser Hotel kein Frühstück bieten konnte, gingen wir ins Stadtzentrum und dort ins Musmanni. Musmanni ist eine Kette von panaderías und reposterías (Bäckereien und Konditoreien). Es ist natürlich nicht das, was wir in Deutschland unter so etwas erwarten, aber hier bekommt man zumindest einen Kaffee und Gebäck. Wir gehen zurück ins Hotel, nehmen unser Gepäck auf und lassen uns mit dem Taxi zum Busterminal Pulmitan bringen. Hier fahren zu jeder vollen Stunde Busse die 235 km nach San José. Aber ausgerechnet der 9 Uhr Bus fuhr nicht dort ab, sondern vorne an der Kreuzung der Carretera 1 (Panamericana). Ich hab’s nicht gleich geblickt und so warten wir noch eine Stunde, zumindest nicht in der Sonne, sondern in der geschützten Halle. Und mit einem cafe con leche. Dann geht es auf die Carretera. Die trockene Landschaft und die verdorrten Viehweiden lassen nicht vermuten, dass sich nicht allzu weit von hier in Richtung Pazifik eine große dicht bewaldete Halbinsel (Halbinsel von Nicoya) befindet. Wir bleiben aber auf der Carretera 1 in der Trockenzone. Die Fahrt scheint ewig zu gehen. Auch hier wieder Straßenkontrollen durch die Fuerza Pública. Ein Fahrgast muss aussteigen, wahrscheinlich hatte er kein gültiges Visum im Reisepass. Das kommt hier oft vor. Viele kommen aus Nicaragua über die grüne Grenze und versuchen dann, sich in Costa Rica mit illegalen Billigjobs Raststätte an der Carretera 1 durchzuschlagen. Wir fahren weiter. Wir sehen breite betonierte Kanäle, mit denen das trockene Land bewässert wird. Es ist kaum zu glauben, dass in diesem trockenen Gebiet auf diese Weise sogar Reis angebaut wird. Wir sehen viele Reisfelder und auch eine Reismühle. Irgendwann geht die Straße dann bergauf. Wir sehen Kaffeeplantagen. Die Vegetation wird dichter. Kurz bevor wir das Hochtal erreichen, hält der Bus an einer Raststätte. Wir essen eine Kleinigkeit, Reis, Rührei, Salat, während auf der Straße die großen Sattelzüge in hoher Geschwindigkeit bergab rasen. In San José kommen wir wieder irgendwo im Barrio México an. Wir nehmen ein Taxi und lassen uns am Parque Central absetzen, wo wir Patrizia und Yader treffen. Wir haben noch etwas Zeit, um im nahegelegenen Mercado de Artesanía noch ein paar Mitbringsel zu kaufen. Der Mercado ist in einem alten renovierungsbedürftigen Gebäude aus der Jugendstilzeit untergebracht. Schade, dass hier nichts renoviert wird. San José ist nicht gerade eine schmucke Stadt und hat leider sehr wenig alte Bausubstanz.

Edificio de Correos y Telégrafos

Aber mit ein bisschen Aufwand könnte man etwas daraus machen. Dafür strahlt wenigstens das Postamt (Edificio de Correos y Telégrafos) mit frischen Farben und frischem Putz. Wir gehen mit unserem schweren Gepäck die 500 m zum Busterminal, an dem die Busse nach Sarapiquí abfahren. Ich kaufe 4 Tickets. Wir haben noch fast eine Stunde Zeit um dort in aller Ruhe zusammen etwas zu essen und uns gegenseitig zu erzählen, was jeder erlebt hat.

Im Bus sitze ich neben einer Frau, die wie sich herausstellt, von Beruf Köchin ist. So haben wir schnell ein Gesprächsthema gefunden. Sie erzählt von ihrer deutschen Freundin Margot, die so lecker kocht. Wir sprechen über die costaricanische und mexikanische Küche. Als ich erzähle, dass meine Tochter in Puerto Viejo de Sarapiquí wohnt, kann sie es kaum fassen. Irgendwann, mitten im Braulio Carrillo Naturpark, gibt es einen Stau (ich habe in meinem Beitrag „Braulio Carrillo – wir sind durch“ darüber berichtet). Noch eineinhalb Stunden sollte dieser unfreiwillige Stop dauern. Die feuchtheiße Luft im Bus ist unerträglich. Obwohl es längst dunkel ist, ist es immer noch so heiß. Zumindest ist der Aufenthalt kurzweilig. Als ich dann noch sage, dass ich nicht will, dass meine Tochter und meine Enkel zusammen mit den Kaimanen im Fluss baden, muss sie lachen. Die Kinder hier würden mit den Kaimanen spielen. Manche würden sogar auf ihnen reiten wie auf einem Pferd. Aber dabei muss sie selber lachen. So einfach lasse ich mich nicht an der Nase herumführen.