Als ich aufwache, höre ich keinen Regen. Nur das Vogelgezwitscher. Ich schaue hinaus. Noch ist es etwas dämmerig und diesig. Es wird ein schöner und sonniger Tag. Nach so viel Regen die letzte Zeit freut man sich auf die Sonne. Nach dem Frühstück schaue ich mir die Umgebung unserer Lodge an. Ich gehe ans Flussufer. Es ist kaum zu glauben: das Hochwasser ist weg. Von jetzt auf nachher. Der Sarapiquí hat eine starke Strömung. Vor zwei Tagen noch war der Fluss über die Ufer getreten und hat weite Teile überschwemmt. Jetzt ist der Wasserstand um mehrere Meter gefallen. Die Schiffslände am alten Bananenhafen, die komplett unter Wasser lag, ist jetzt wieder frei. Wir werden heute einen Ausruhetag einlegen.
Abschiedsfrühstück im Centro Manú
Als wir aufwachen, scheint die Sonne. Das Centro Manú erstrahlt in der Morgensonne. Einige gehen schwimmen. Um 9 Uhr gibt es einen Obstteller und Saft. Wir unterhalten uns mit Gerti und Julio, den beiden, die in der Kapelle musiziert haben. Gerti ist aus Vorarlberg, Julio aus El Salvador. Sie leben schon einige Zeit hier in Costa Rica, haben zwei Kinder, ein schmuckes Häuschen in Santa Ana, das etwas näher am Flughafen liegt als San José. Sie bieten uns eine Übernachtung für den Tag der Abreise an. Das ist sehr praktisch, da man für die morgendlichen Flüge sonst noch vor 4 Uhr das Hotel verlassen müsste. Wir kommen auch mit anderen Gästen ins Gespräch. Man lässt den gestrigen Tag Revue passieren. Um 10 Uhr gibt es noch ein warmes Essen. Aber viel Hunger hat niemand mehr. Bevor wir abreisen, kommt die Frage: müssen wir aufräumen? Die Luftballons entfernen, die Stühle und Tische an ihren Platz bringen? Wir können alles so lassen, wie es ist. Dann geht es zurück nach Puerto Viejos de Sarapiquí. Bei Sonnenschein sieht die Landschaft gleich ganz anders aus.
Kurz bevor wir den Ort erreichen, muss ich aber doch den Scheibenwischer einschalten. Das Regenzentrum des Regenwaldes ist erreicht. Abends kocht Doña Elba für uns Spaghetti mit Hühnchen. Wir gehen in den Garten, legen eine große Holzplatte über zwei Metallgestelle und haben einen Tisch, an dem alle Platz finden. Wir sind alle sehr zufrieden.
Die Hochzeitsfeier
Im Speisesaal angekommen, wurden die Vorbereitungen für das „brindis“ getroffen. Der Wein musste noch entkorkt werden. Ich hole mein schweizer Taschenmesser, denn es war sonst kein brauchbarer Korkzieher da. Ich hebe mein Glas: „Auf das Brautpaar! Und dass sie glücklich sind!“ Damit ist das Fest eröffnet. Das Essen ist schon fertig. Wir holen die bereits angerichteten Teller an der Essensausgabe ab. Hühnchen, Reis, Bohnen, Maisfladen, schwarze Bohnen, Gemüse, Tomatensalat nach der hier üblichen Art aus fein gewürfelten Tomaten mit frischem Koriander und Zitronensaft. Dann wird getanzt. Das Brautpaar beginnt mit dem Hochzeitswalzer. Danach ist die Tanzfläche freigegeben. Jetzt hält ein Kleinbus vor dem Speisesaal. Es ist das Geschenk von Yaders Kollegen. Offensichtlich ein Einlage. Aber was? Bald wissen wir mehr.
Nach 5 Minuten kommt eine sechsköpfige Mariachigruppe bereits musizierend auf die Tanzfläche. Alle sind begeistert. Zwei Trompeten, Akkordeon, Gitarren, Bassgitarre. Sie spielen bekannte mexikanische Weisen. „Con dinero, sin dinero, hago siempre lo que quiero y mi palabra es la ley“ (El Rey).
Las Mañanitas und andere. Als sie nach einer halben Stunde gehen, rufen alle: Zugabe. Richtig, das bekannteste Lied hat noch gefehlt: Cielito Lindo. Viele singen mit. Der Brautstrauß! Das gibt ein großes Gejohle bei den noch unverheirateten Mädchen. Alle stehen hinter Patti, hüpfen und strecken die Hände in die Luft. Der Brautstrauß fliegt gegen einen Balken und fällt auf den Boden. Alle stürzen sich drauf. Das Mädchen im gelben Kleid (ich kenne nicht alle Hochzeitsgäste) hat ihn erbeutet. Großes Gelächter. Jetzt ist Zeit für die Hochzeitstorte. Ja, wir haben die Torte heil von der Konditorei bis hierher gebracht. Ein dreistöckige Torte und obendrauf die Brautpaarfiguren. Yader und Patti schneiden die Torte an. Yader macht es sichtlich Spass. Er schiebt Patti ein kleines Stück davon in den Mund und einen Sahneklecks auf die Nase. Jetzt wird der Rest der Torte verteilt. Es bleibt noch viel übrig. Es wird noch lange getanzt. Um halb eins ist aber endgültig Schluss. Ich bin ehrlich gesagt auch hundemüde. Es war ein anstrengender Tag. Aber wunderschön. Und ich glaube den anderen ging es genauso.
Die Trauung
Jetzt ist es gleich sechs. Schnell noch meinen Fotoapparat aufs Stativ geschraubt und in die Kapelle gestellt, wo schon einige Gäste Platz genommen haben. Edgarto aus Honduras wird für mich Teile der Trauung filmen. Patti hat ihr Brautkleid angezogen. Yader darf sie erst in der Kirche sehen. Ich höre eine Violine ein paar Takte spielen. Schön, das wird eine feierliche Trauung. Nein, ich solle noch ein bisschen warten, bis alle Gäste in der Kapelle sind. Gottseidank hat es aufgehört zu regnen, das erste Mal, seit wir aus San José heraus sind. Ich warte mit Patti in einem Seitenweg, bis ich das Zeichen bekomme. Alle warten, und ich führe Patti am Arm in die Kapelle. Alle Gäste schauen auf uns. Die Geige spielt den Hochzeitsmarsch, begleitet von einer Gitarre.
Dazu hört man das Gezirpe der Grillen, das zunehmend lauter wird. Ich führe Patti an den Altar und gebe ihre Hand an Yader. Es ist ein feierlicher Augenblick. Pastor Justo begrüßt die Gäste. Es werden viele Lieder gesungen, Dankeslieder, ein Halleluja, und alle singen mit. Die Lieder hier sind viel fröhlicher als bei uns.
Dann bekommt das Brautpaar eine Kerze, und Pastor Justo versucht sie anzuzünden. Aber hier im Regenwald ist so etwas schwierig. Die Hölzer sind nass und gehen gleich wieder aus. Justo wird ein bisschen nervös, doch Gerti, die Violinistin nimmt die Sache in die Hand. Als endlich die Kerze brennt, lachen alle und klatschen Beifall. Das waren die ersten Schwierigkeiten, die das Brautpaar schon bestanden hat!
Der Pastor segnet das Brautpaar und erklärt sie zu Mann und Frau. Dann geben sich Yader und Patrizia einen Kuss und nehmen sich in den Arm. Alle stehen auf und klatschen. Das Brautpaar setzt sich. Die Angehörigen und die Trauzeugen stellen sich hinter das Brautpaar und legen ihre Hände auf deren Schulter. Wir erhalten einen Text, den wir ablesen. Wir lesen das Friedensgebet des Heiligen Franz von Assisi. „Herr, mache unsere Kinder zu einem Werkzeug Deines Friedens.“ Dann folgt das Abendmahl. Der Pastor bricht das Brot. Dazu wird im Wechselgesang gesungen.Es folgen weitere Lieder. Der Pastor bricht für Yader und Patti je ein kleines Stückchen Brot ab, taucht es in den Wein und gibt es ihnen. Dann gehen die Trauzeugen vor den Altar und übernehmen diese Aufgabe. Sie halten Brot und Wein und jeder bricht ein Stückchen vom Brot, taucht es in den Wein und geht an seinen Platz. „Friede sei mit Dir“, sagt der Pastor. Jeder nimmt seinen Nachbarn in den Arm und sagt „Friede sei mit Dir“. Nur seinen Nachbarn? Alle stehen auf, laufen durch die Kapelle, nehmen einander in den Arm und sagen: „Friede sei mit Dir“. Man schaut, dass man wirklich niemanden vergessen hat. Jetzt sind die Hochzeitsgäste an der Reihe etwas zu sagen.
Brenda, eine der Trauzeugen, spricht viele Glückwünsche aus. Ich kann nicht alles genau verstehen, aber sie spricht voller Freude. Ich sage, dass wir dieses wunderschöne Fest an diesem herrlichen Ort feiern können, dass wir sehr zufrieden und auch stolz sind, dass Patrizia und Yader dabei sind, eine Familie zu gründen, richte Grüße aus Deutschland aus, von meinem Bruder und seiner Familie und von meinen Eltern, die leider nicht mitkommen konnten. Die Trauung ist aus. Alle stehen auf. Man stellt sich gegenseitig vor und unterhält sich. Draußen hat es wieder angefangen zu regnen. Es werden große Schirme verteilt und wir gehen zum Speisesaal, in dem dann weitergefeiert wird.
Letzte Vorbereitungen
Jetzt müssen wir so langsam in die Hufe kommen. Wir frühstücken wieder unter dem großen Dach, von wo man einen schönen Blick über die Anlage hat. Nach dem Frühstück in unserer Lodge fahren wir zu Yader und Patti. Dort treffen wir auch auf Doña Elba, Ana und Ashley, die ja gestern angekommen sind. Jetzt wieder die Frage: wer fährt mit und wer nimmt den Bus? Yader und Feli nehmen den Bus, wir anderen fahren mit dem Auto los. Zuerst müssen wir noch nach Guápiles, die Blumen abholen. Dann zum Centro Manú. Im Speisesaal sind schon die Tische und Stühle auf gestellt. In der Kapelle sind die Stühle noch gestapelt.
Jetzt müssen die Tischgestecke gefertigt werden. Wir haben ja Blumen ohne Ende. Das reicht sogar noch für ein großes Gesteck auf den Altar. Jemand hat Luftballons besorgt, weiße mit der Aufschrift „Unsere Hochzeit“.
Die müssen noch aufgeblasen werden, um damit den Speisesaal zu schmücken. Jetzt hat das Vorbereitungsteam ein Essen verdient. Wir warten noch,
bis Yader und Feli da sind, damit wir gemeinsam essen können. Ich ruhe mich noch ein bisschen aus, während viele fleißige Hände mit dem Schmücken weiter machen. Wir haben ja noch Zeit. Wirklich? Um 15 Uhr hat Patti einen Friseurtermin und die Torte muss auch noch abgeholt werden. Also, rein ins Auto, die Hoppelstrecke zur Carretera und nach Guápiles düsen. Zwischenzeitlich weiß ich, wo ich abbiegen muss. Mein Handy klingelt. Eine SMS aus Deutschland. Christoph aus Mössingen schickt seine Glückwünsche. Jetzt zum Friseur. Patti nimmt Platz, während ich mit Ana und Feli warte.
Beide wollen sich auch noch frisieren lassen. Ich schaue mir noch etwas das Stadtviertel an. Viele Läden, aber es gibt auch einen Park. Die Torte! Wir dürfen die Torte nicht vergessen. Unser Zeitplan ist sehr knapp. Ich warte, bis Feli beim Friseur fertig ist und nehme sie mit in die Konditorei La Nonna. Wir müssen etwas warten. Dann kommt die Torte. Drei Etagen. Aber noch „demontiert“. Im unteren und mittleren Teil stecken jeweils drei Sektgläser, verkehrt herum. Wir stellen die drei Teile in den Kofferraum und fahren vorsichtig zurück zum Friseur. Wie können wir die Torte über die Holperstrecke retten? Ana, Feli und Patti müssen je ein Teil während der Fahrt halten. Auf dem obersten Teil sind die Brautpaarfiguren. Die wackeln ganz schön, als wir die Holperstrecke passieren. Jetzt noch die drei „policías muertos“ (Hindernisschwellen) überwinden. Als wir im Centro Manú ankommen, ist es schon fünf vor halb sechs. Die Hektik nimmt zu. Ich habe kein Zeit mehr, mich zu duschen.
Vorbereitungen für den großen Tag
Es ist der zweite Tag im Regenwald und der Tag vor dem großen Fest. Als ich morgens aufwache (meine innere Uhr geht immer noch nach deutscher Zeit), fängt es wieder an zu regnen. Heute nacht war für ein paar Stunden Ruhe mit Regengeprassel, aber jetzt geht es wieder los. Unsere Lodge besteht aus Cabañas, die in einem fast geschlossenen Kreis um eine Grünfläche herum gruppiert sind. Die Lodge wirbt um Gäste, die sich für Vogelbeobachtung interessieren. Deshalb ist in der Mitte der Grünfläche ein Fütterungsplatz für Vögel errichtet. Die Besitzer legen dort jeden Tag frisches Obst aus, und die unterschiedlichsten meist bunten Vögel holen sich ihren Anteil. Wir frühstücken unter einem großen Dach in der Nähe der Rezeption. Es gibt einen Riesenteller mit frischem Obst, Kaffee (leider nicht so aromatisch wie in San José) und das obligatorische Gallo Pinto. Viel Zeit haben wir nicht, denn um neun wollen wir wieder bei Yader und Patrizia sein. Durch den Wald vor zur Straße, Richtung Sarapiquí am (überfluteten) Fußballplatz rechts abbiegen, die nächste wieder links, ein Häuschen der Anonymen Alkoholiker, die katholische Kirche, die Schule, die mit ihren hellgrünen Baracken und ihren hohen Maschendrahtzäunen -Entschuldigung- ein bisschen an Guantánamo erinnert und das nächste Haus ist schon das Pfarrhaus. Wir sitzen alle am Küchentisch und besprechen, wie es weitergeht. Da wir kein Gepäck mehr im Auto haben, können wir alle fünf mitfahren. Es regnet immer noch. Es ist unglaublich. Dabei ist jetzt eigentlich Trockenzeit. Aber hier in Sarapiquí gibt es nie Trockenzeit. Während sich in San José die Leute jeden Tag über Sonne und 30° freuen können, schwimmen hier die Häuser fast davon. Außerhalb der Stadt haben wir sogar Häuser auf Stelzen gesehen. Man ist eigentlich immer nass. Vom Auto ins Lokal die paar Meter reichen manchmal, um nass zu werden und nasse Füße gehören hier zum Alltag. Viele tragen deshalb Flipflops. Kalt ist es nie, die 30° gibt es auch hier, es sind aber nasse 30°. Wir fahren also wieder die Landstraße vor bis zur Carretera 32, biegen aber jetzt ab in Richtung Limón. Wieder viel Verkehr. Wir passieren den Río Corinto, den Río Costa Rica, den Río Blanco, das Flüsschen Río Danta. Schließlich geht es über eine große Brücke, die das breite Flussbett des Río Toro Amarillo überspannt. Irgendwann geht es links ab nach Guápiles. Guápiles ist ebenfalls ein Zentrum hier in der Gegend, hat aber leider nicht den Flair von Sarapiquí. In der ganzen Stadt sieht man vor lauter Reklametafeln und Transparenten die Ladengeschäfte nicht mehr. Zwei zweispurige Einbahnstraßen zerteilen die Stadt und erschweren es uns, den Konditor zu finden, bei dem wir die Hochzeitstorte bestellen wollen. Endlich, nachdem wir uns erkundigt haben, finden wir die Bäckerei. Die Verkäuferinnen rufen den Konditor. Er kommt mit einem Katalog und einem Block Papier, auf dem er aufzeichnet, wie man die einzelnen Etagen der Torte zusammensetzt. Die drei Teile werden einzeln gefertigt. Danach wird mit umgedrehten Sektgläsern das Ganze aufgebaut. Welche Creme kommt noch hinein, damit das Ganze nicht zu trocken wird? Dulce de leche (gezuckerte und karamelisierte Kondensmilch), Erdbeer-, Pfirsich und Birnencreme oder Crème Chantilly. Wir entscheiden uns für Crème Chantilly, vereinbaren 15 Uhr als Abholtermin und setzen uns noch für eine Erfrischung. Wir trinken Kaffee, refresco natural, essen Ananaskuchen (genauer: Ananasvulkan), Schneckennudeln (leider nicht so lecker wie von Oma Waiblingen). Jetzt müssen wir noch in den Blumenladen. Wieder diese Sucherei durchs Verkehrsgewühl. Wir parken im Halteverbot, gehen in den Laden und lassen uns verschiedene Blumen zeigen. Patti ist total unentschlossen. Wir müssen alle mithelfen, damit wir eine Entscheidung finden. Wieviele Tische müssen geschmückt werden? Und ein Brautstrauß muss auch noch bestellt werden. Wir vereinbaren, die Blumen am nächsten Tag um zehn abzuholen. Wir lassen die Gestecke nicht anfertigen, sondern bestellen 8 Kunststoffschalen und 2 Quader Steckschaum. Im selben Laden ist noch ein Friseur. Also auch dies gleich regeln. Patti braucht noch für morgen eine Hochzeitsfrisur. Nachdem wir im Katalog eine Frisur gefunden haben, machen wir für 15 Uhr einen Termin aus. Jetzt aber noch zum Centro Manú. Das Centro Manú liegt außerhalb der Stadt, auf der anderen Seite der Carretera 32. Auch hier müssen wir wieder suchen. Die erste Abfahrt ist wohl falsch. Wir landen vor dem Gerichtsgebäude. Yader ruft kurz im Centro an. Eine Abfahrt weiter müssen wir raus. Es geht in die Pampa, dennoch gibt es einige Häuser rechts und links der Straße. Wer hier wohl wohnt, frage ich mich. Allerdings hängt an einigen Häusern ein Schild „Se vende“: zu verkaufen. Die Straße wird immer schlechter. Wieder sind wir froh, einen Allradgeländewagen zu haben. Endlich das Centro Manú.
Wirklich sehr schön angelegt. Es wurde kaum gerodet, nur für die Wege und die Häuschen. Wir parken vor dem „Speisesaal“. Der Verwalter kommt und begrüßt uns. Yader stellt uns vor. Wir gehen zum Versammlungsraum, in dem morgen die Trauung stattfinden wird. Es ist ein Dach auf Stelzen. Aber eine einzige Wand gibt es doch und diese ist wunderschön bemalt. Jetzt schauen wir uns noch den Speisesaal an. Wie wollen wir die Tische stellen? Wir entscheiden uns für eine U-Form. Und dann der Ablauf: 18 Uhr Trauung, 18:40 Uhr das „brindis“, d.h. Anstoßen auf das Brautpaar, Ansprachen (kurze!), Glückwünsche. Danach das Essen. Wir schauen uns noch etwas die Anlage an, den Swimming Pool (ein aufgestautes Bächlein), Basketballplatz, Tischtennis. Dann geht’s zurück Richtung Sarapiquí. An dem Soda neben der Tankstelle Río Blanco essen wir noch eine Kleinigkeit. Aber es ist laut. Die LKWs müssen hier einen Gang zurückschalten. Wir sehen Sattelzüge voller Ananas, Bananen und lebenden Zeburindern. Als wir dann näher an Sarapiquí sind, wird der Regen wieder stärker. Sarapiquí scheint wirklich das Regenzentrum des Regenwaldes zu sein. Nach der Brücke über den Hochwasser führenden Sarapiquí, der die Farbe von cafe con leche hat (Yader meint: como chocolate), ist es nicht mehr weit. Bevor wir in den Supermarkt gehen, um die alkoholfreien Getränke für morgen zu kaufen, ruft Yader seine Schwester Ana Cristhian auf dem Handy an. Sie ist mit dem Bus von San José aus auf dem Weg hierher, zusammen mit Töchterchen Ashley und ihrer Mutter Doña Elba und sie werden in Kürze hier ankommen. Also Feli und Patti im Haus absetzen und zur Bushaltestelle am Fußballplatz, wo der Bus gerade angekommen ist. Dass nach solch einem chaotischen Tag dieser Abholtermin so geklappt hat, grenzt an ein Wunder.
Der Regenwald
Heute morgen heißt es auschecken. Ich geh schnell noch in den Supermarkt an der Bushaltestelle wo die Busse nach San Pedro und San Diego abfahren, gerade zwei Blocks weiter am Nationalmuseum vorbei. Wir haben bis jetzt nur fünf Flaschen Rotwein. Also kaufe ich noch drei weitere Flaschen, damit am Samstag auch wirklich jeder ein kleines Gläschen voll zum Anstoßen auf das Brautpaar bekommt. Dann kommt Don Rafael, der Mitarbeiter der Mietwagenfirma und bringt uns den Allradgeländewagen. Wir laden die Koffer ein. Aber wir können es drehen und wenden wie wir wollen, es passt nicht alles hinein oder es müssen welche mit dem Bus nach Sarapiquí fahren. Yader und Feli werden den Bus nehmen, während ich mit Biggi und Patti im Auto mitnehme. Wir können nur rechts abbiegen und ich sehe keine andere Möglichkeit, als bis zum großen Kreisverkehr an der Fuente de la Hispanidad zu fahren und von dort wieder zurück ins Zentrum. Mit Pattis Hilfe schaffe ich es, aus dem dichtesten Verkehrsgewühl auf die richtige Ausfallstraße zu kommen. Irgendwann sind wir dann genau richtig auf der Carretera 32, die direkt durch den Braulio Carrillo Nationalpark führt. Wir bezahlen die 250 Colones und fahren bei Regen, Nebel und schlechter Sicht durch einen dichten Wald. Die Strecke ist sehr stark befahren, vor allem durch LKWs, da dies die wichtigste Verbindung zur Karibik und zum Hafen von Limón ist. Wir fahren ziemlich lange hinter einem Sattelzug her, der stellenweise nur 20 km/h fahren kann, da die Strecke so stark abfällt. Es geht schließlich vom zentralen Hochtal in die Ebene Richtung Karibik. Fast immer ist Überholverbot. Irgendwann löst sich ein Scheibenwischer und ich muss aussteigen und das Teil wieder befestigen. Nach 10 Minuten fällt der Scheibenwischer wieder vom Wischarm. Ich muss nochmals hinaus in den Regen, aber ich bin eh schon nass. Diesmal klemme ich ein Stück Tempotaschentuch dazwischen. Das hielt dann auch. Aber haben wir die Abzweigung verpasst? Wir fahren schon eine Stunde und müssten eigentlich schon längst Richtung Sarapiquí abgebogen haben. Wir sind schon aus dem Nationalpark heraus. Es kommen Rasthäuser und Reparaturwerkstätten. Auch eine Tankstelle. Richtig, jetzt wird die Abzweigung nach Sarapiquí angezeigt. Wir sehen Bananen- und Ananasplantagen. Uns kommen viele Bananen-LKW entgegen. An den Bushaltestellen an der Straße stehen Leute mit Regenschirm. Es regnet ununterbrochen. Wir wollen eine kurze Pause einlegen.
Beim nächsten Soda fahren wir raus. Ich trinke einen Kaffee und ein refresco natural aus Tamarindenfrüchten. Biggi und Patti teilen sich eine Portion Reis, Bohnen und Rührei. Wir fahren weiter durch Wald, Plantagen und Lichtungen, auf denen Vieh weidet. Es sind Zebus, eine aus Indien stammende Rinderrasse, die das Klima hier gut verträgt. Dann kommen wir nach Puerto Viejos de Sarapiquí. Der Infrastruktur nach muss es ein etwas größerer Ort sein. Es gibt mehrere Supermärkte, Läden, Ärzte, eine Feuerwehrstation. Patti dirigiert mich zum Pfarrhaus. Im Vergleich mit anderen Häusern hier bin ich doch angenehm überrascht. Hier also soll mein Enkelkind aufwachsen. Patti schließt das Eisengitter auf, das hier fast jedes Haus vor unliebsamem Besuch schützen soll. Unter einem Wellblechdach sind Tische und Bänke aufgestellt. Hier hat auch ein Auto Platz. Dann gibt es noch ein kleines Gärtchen vor dem Haus. In der Mitte ein Mandelbaum, rechts eine Bananenstaude. Nochmals ein Eisengitter aufschließen und wir sind im Haus. Rechts eine Schlafcouch, links die Küche mit Esstisch. Eine neue schwarze Kommode mit Spiegel ist ein Hochzeitsgeschenk von Johannes, einem der beiden Freiwilligen aus Deutschland, die zur Zeit hier wohnen. Wir räumen Pattis und Felis Gepäck aus dem Auto und putzen in der Küche. Feli und Yader sind noch nicht da. Patti ruft kurz an und erfährt, dass sie noch im Bus auf dem Weg hierher sind.
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Als sie da sind besprechen wir wie es weitergeht. Wir müssen noch ins Centro Manú und ein paar Dinge für Samstag regeln. Aber bis dorthin zu kommen benötigen wir mindestens eine Stunde und um sechs Uhr wird es schlagartig dunkel. Wir könnten es zwar schaffen, aber es wäre knapp. Und so ruft Yader dort an und vereinbart, dass wir am nächsten Morgen gegen 10 Uhr da sind. Wir vereinbaren noch, dass wir gegen 7 Essen gehen, obwohl Patti viel lieber für alle etwas gekocht hätte. Biggi und ich fahren los, um unser neues Hotel zu suchen. Es ist eine Regenwald-Lodge direkt am Fluss Sarapiquí gelegen. Die letzten hundert Meter geht’s durch die grüne Hölle. Ein Allrad ist hier wirklich praktisch. Die Leute hier sind sehr freundlich. Wir bekommen das Bungalow ganz am Ende der Reihe. Das Drahtlosnetz von der Rezeption reicht gerade noch bis hierher, sonst hätte ich diesen Bericht nicht schreiben können.
Zweiter Tag in San José und matrimonio civil
Yader musste heute früh noch vor dem Frühstück das Hotel verlassen, um (überfällige?) Berichte abzugeben sowie für Samstag die genaue Anzahl der Essen mitzuteilen. Ich ging mit Biggi und Feli in die Stadt um noch einige Besorgungen zu machen. Zuerst waren Feli und ich beim Friseur. Ein kleines schäbiges Friseurgeschäft mit vergitterten Fenstern. Das ist hier nichts Ungewöhnliches. In Costa Rica sind fast alle Fenster im Erdgeschoss vergittert. Ich schaue mir an, was hier alles so ungeordnet herumsteht. An der Wand hängt ein total kitschiges Bild mit Wein und Früchten, daneben steht in großer Schrift der 23. Psalm. Die Leute hier sind sehr gläubig und lassen das auch jeden wissen. Ich lasse meine Haare etwas kürzer schneiden. Mit der Schere, ohne Waschen. Ich bin sehr zufrieden. Doch dann wird ein Handfeger mit weißem Pulver bestäubt und ich bekomme das Zeug an den Haaransatz und in den Nacken. Was das wohl ist. Ich getraue mich nicht zu fragen. Vielleicht irgendeine Prophylaxe gegen Kopfläuse oder anderes Getier, was sich in diesem Breiten so findet. Aber in einem solchen Fall ist es am besten, man tut so, als ob das alles normal ist. Für die Leute hier ist es ja auch normal. Feli lässt sich ihre Haare ebenfalls schneiden. Zum Waschen geht sie in einen Nebenraum. Ich schau lieber nicht, wie es dort aussieht. Wir gehen noch ins Zentrum. Biggi muss Geld abheben. Neben dem Geldautomatenkiosk der Banco Nacional, direkt neben der Zentralbank, setzten wir uns in ein Cafe, in dem es sogar Cappuccino gibt. Als wir gerade zahlen wollen, sehe ich draußen Patti und Yader. Wir holen sie herein und besprechen, wann wir uns treffen, bevor wir heute nachmittag zum matrimonio civil gehen.
Wir kaufen noch Blumen, ein Sträußchen für Patti und einen Strauß für Dionísia, die Gastgeberin. Um 15 Uhr ist der Termin für die zivilrechtliche Trauung, die im Haus von Dionísia stattfindet. Yaders Mutter Doña Elba und seine Schwester Ana arbeiten schon seit einigen Jahren bei Dionísia. Dionísias Mann Hermán ist Abogado (Rechtsanwalt und Notar), aber die Trauung wird ein Kollege von ihm durchführen. Wir bestellen also zwei Taxis, die uns ins Barrio Hatillo 6 bringen. Das erste Taxi fährt wie der Henker, sodass der Kollege in zweiten Taxi kaum hinterherkommt. Die Gegend hier ist weniger einladend. Die Häuser sind klein und meist werden die Baulücken als Müllhalde benutzt. Aber abseits der Straße sieht es schon gemütlicher aus. Zwischen zwei Häuserreihen wachsen Palmen. Es ist sauber und gepflegt. Wir werden schon erwartet. Dionísia begrüßt uns. Doña Elba, Ana und Ashley (die zweijährige Tochter von Ana) sowie der Notar sind schon da. Fehlt nur noch der zweite Trauzeuge. Justo, ein Kollege von Yader, ist noch auf dem Weg hierher. Offensichtlich hat er Probleme, das Haus zu finden. Demnach ist es auch für Ticos nicht so einfach, in einem Land in dem es keine Hausnummern und außer im Stadtzentrum der Hauptstadt auch keine Straßennamen gibt, eine Adresse zu finden. Man verständigt sich per Handy und macht einen Treffpunkt irgendwo an der Hauptstraße aus. Der Notar liest den Text vor, fragt uns, ob er die Namen richtig ausgesprochen hat und lässt sich auch gerne korrigieren. Dann unterschreibt der Notar, das Brautpaar und die Trauzeugen. Dann wird geklatscht. Die Hausherrin reicht Blätterteiggebäck und eisgekühltes Guanábana, ein hier beliebtes Saftgetränk aus einer Tropenfrucht. Wir reden über Lateinamerika, was die Gringos essen, was wir essen, was die Latinos essen. Gegen später kommt noch Hermán zu uns, Dionísias Mann. Er hat ein mit Asche gezeichnetes Kreuz auf der Stirn, denn heute ist Aschermittwoch. Später sehe ich noch viele Leute, die ebenfalls so ein Kreuz auf der Stirn haben. Dionísias Mann ist sehr gesprächig. Ich setze mich zu ihm an den Couchtisch. Leider hat er eine sehr undeutliche Aussprache, so dass ich seinen Worten kaum folgen kann. Wir reden über Politik, über die neu gewählte Präsidentin (die er offensichtlich auch gewählt hat), wann sie vereidigt wird, über die ehemals zwei Deutschland, über die Stasi, über die Handelsbeziehungen zu China (China ist Abnehmer von Chayote, einem tropischen Gemüse, das gut ins Chop Suey passt), Taiwan, Korea, über den Drogenhandel und wie Zentralamerika darunter leidet. Aber irgendwann müssen wir uns verabschieden und fahren mit dem Taxi zurück ins Hotel. Wir haben uns auf halb acht mit Doña Elba und Ana in einem Restaurant in der Stadt verabredet. Wir gehen dorthin zu Fuß.
Es ist -wie unser Hotel- ebenfalls in der Avenida Segunda, aber an der Ecke zu Calle 10, schräg gegenüber von der neugotischen Kirche La Merced. Das ist über einen Kilometer. Es ist ein großes Lokal, aber sehr einfach gehalten. Die Wand Richtung Calle 10 sind nur dünne Holzbretter, zur Avenida hin ist es offen. Wir essen hier Casado. Das ist ein Tellergericht mit Fleisch, Reis, Bohnen, Salat, Gemüse und gebratenen Bananen. Ich bestelle ein Bier. Auch das scheint hier ganz unüblich zu sein. Der freundliche Kellner stutzt zuerst. Aber dann sagt er, auch wenn hier normalerweise kein Bier ausgeschenkt wird, wird er mit selbstverständlich ein Bier besorgen, dauert nur ein paar Minuten länger als die anderen Getränke. Wir unterhalten uns gut. Es ist ein netter Abschluss dieses schönen Tages.
Unser Hotel in San José
Wir haben gut geschlafen. Unser Hotel ist an der Bahnlinie, Calle 13 Avenida 2, ganz in der Nähe der Plaza de la Democracia. Es ist ein sehr schönes Hotel, ganz im Kolonialstil, mit Bodenfliesen und schönem Mosaikfußboden im Erdgeschoss und Schiffsboden ab der ersten Etage. Alles ist sehr sauber und dekorativ hergerichtet, mit vielen Bildern, Skulpturen und einem Obeliskbrunnen neben dem Frühstücksraum. Irgendwie schaffen wir es nicht, dass alle gleichzeitig zum Frühstück kommen. Aber das Frühstück ist lecker. Kein Vergleich mit den Lokalen im Flughafen Newark. Der Kaffee ist richtig kräftig und duftet herrlich. Und dann das Obst. Die Papaya sind von der Reife her genau richtig und süß. Der frisch gepresste Orangensaft lässt sich mit dem bei uns angebotenen nicht vergleichen und der Multifruchtsaft ist ebenfalls frischt gespresst bzw. püriert. Patti kommt jetzt zum Frühstück und füllt ihren Teller mit Gallo Pinto, Rührei und gebratenen Kochbananen. Sie strahlt: “ Oh, wie ist das hier alles so lecker!“. Wir haben den Eindruck, dass wir im Paradies angekommen sind.
Nueva York
Der erste Eindruck von New York konnte nicht besser sein. Strahlender Sonnenschein, am Boden noch etwas Schnee, in der Ferne die Skyline von Manhattan. Aber sobald man am Boden ist, kommt man auch auf den Boden der Realität. Als erstes die Kontrolle bei der Einreise. In sehr rüdem Ton wird man von uniformierten Frauen an einen der vielen Schalter geschickt. Vor uns war ein junger Mann, der auch noch zugab, dass er in den USA arbeiten will. Er hatte sämtliche notwendigen Papiere dabei. Dennoch musste er noch auf viele im barschen Ton herausgebellten Fragen antworten. Über 10 Minuten ging das Ganze. Dann waren wir dran. Die Stimme des Einreiseoffiziers, einer blonden Dame mittleren Alters, wurde etwas freundlicher. Wir hatten auch schon alle Formulare richtig ausgefüllt. Dann noch die Fingerabdrücke. Von allen Fingern. Und in die Kamera schauen. Feli musste keine Fingerabdrücke geben, denn ihre waren schon gespeichert, als sie vor Monaten über die USA nach Südamerika flog. Unser Gepäck stand schon abseits des Gepäckbands. Wir müssen nicht nochmals einchecken, aber wir müssen unser Gepäck identifizieren. Dann geht es zur Kontrolle des Handgepäcks. Der Lärmpegel hier ist unerträglich. Es wird geschrien und kommandiert. Dann noch das Gepiepse der Metalldetektoren und das Rattern der Kunststoffbehälter, wenn es durch die Röntgengeräte geht. Ich staune über die Ruhe und Gelassenheit, mit der die anderen Fluggäste dies alles erdulden. Endlich sind wir im Wartebereich und atmen zuerst einmal tief durch. Wir haben Hunger. Es gibt eigentlich nur Schnellrestaurants. Wir gehen in eine Pizzeria. Feli nimmt eine heiße Schokolade, die aus einem Pulver hergestellt wird, das aus einer alten Plastikdose herausgekratzt wird. Die Pizza ist nicht besser. Der Spinat darauf ist vertrocknet genauso wie die vielen großen Knoblauchstücke. Wir essen’s trotzdem. Aber hinterher ist mir schlecht. Jetzt stellen wir fest, dass unser Abflug kurzfristig auf ein anderes Terminal verlegt wurde. Also los ins Terminal C, das zwar größer und heller ist als Terminal B, aber genauso schmuddelige Imbisslokale hat. Wir wollen noch einen Kaffee trinken und finden eine Kaffeebar. Alles hier macht einen ungepflegten Eindruck. Es stehen Kartons herum. Der Müll liegt in zusammengeknoteten Säcken. Wir nehmen je einen Cappuccino (aus Pappbechern, aus was denn sonst). Und der schmeckt genauso wie hier alles aussieht. Wir rufen noch bei Patti und Yader an, damit sie wissen, dass wir jetzt bald losfliegen.